Märkte, Menschen und Moscheen: Iran klassisch


Das als "Stadt der Rosen und der Nachtigallen" berühmte Schiras, Geburtsstätte zweier berühmter persischer Dichter, zählt zu den Höhepunkten jeder Iran-Reise. Berühmt ist auch die in der Gegend kultivierte Schiraser Traube – da seit der letzten Revolution jedoch kein Wein mehr produziert werden darf, gibt es die nur noch außerhalb des Iran.

Erst nach der arabischen Eroberung stieg Schiras Ende des 7. Jahrhunderts zur Provinzhauptstadt auf und überstand sogar die mongolischen Invasionen im 13. und 14. Jahrhundert.

Durch das Wirken der Dichter Saadi und Hafis im 13. Und 14. Jahrhundert entwickelte sich Schiras dann zum literarischen Zentrum Irans. Auch andere Künste wie Kalligraphie, Miniaturmalerei und Architektur florierten. In den folgenden Jahrhunderten waren viele Schiraser Künstler auch außerhalb des Landes tätig: Sie trugen zur Verschönerung Samarkands und zahlreicher Städte der indischen Moguldynastie bei. Der bekannteste Schiraser Architekt ist Ostad Isa, der im 17. Jahrhundert das berühmte Grabmal Taj Mahal entwarf.

Im 18. Jahrhundert wurde Schiras von den Afghanen und dann im Bürgerkrieg 2x zerstört, um von 1750 bis 1794 neu aufgebaut und Hauptstadt des Irans zu werden.


Direkt im Bazar liegt die Wakil-Moschee, der wir einen Besuch abstatten.

Der gesamte Fliesenschmuck der Wakil-Moschee ist ungewöhnlich. In den Fliesenpaneelen werden statt stilisierter floraler Motive realistische Bilder von Pflanzen, Blüten und Blumen wieder gegeben, die sich ganz natürlich aus einem Erdhügel, aus Stämmen oder Vasen empor ranken. Außerdem wurden, entgegen den üblichen Regeln, viele rote und rosa Elemente verwendet.

Als Nächstes schlendern wir durch den Basar und nutzen die Gelegenheit zur Mittagspause.

Auch wenn jene Gärten, für die Schiras berühmt war, längst verschwunden sind, besitzt die Stadt noch mehrere Parks, die zu Rast und Erholung einladen. Zu ihnen zählt der Bagh-e Narendjestan ("Orangengarten"), dessen üppige Blumenbeete und Rosensträucher sich hinter einer hohen Mauer verbergen.


Er wurde, wie auch das Palais am Ende des Parks, im 19. Jahrhundert von dem Schiraser Kaufmann und Bürgermeister Ebrahim KhanKhan-e Qavam errichtet. Sehenswert sind an und in dem Hauptgebäude vor allem die mehrfarbigen Fliesen mit figürlichen Szenen sowie die Spiegelmosaike.

Gleich in der Nähe der Gartenanlage befindet sich die Nasir al-Molk-Moschee, die eines der interessantesten Gebäude aus der Quajarenzeit darstellt. Ihre Außenfassaden sowie der Südiwan sind mit den für die Epoche charakteristischen rosafarbenen Blumenmotiven verziert.


Im Inneren der Wintermoschee sind die Bögen mit geometrischen Mustern und die gedrehten Pfeiler mit stilisierten Palmetten verziert.

Wegen ihrer floralen Fliesendekoration wird sie auch "Rosenmoschee" genannt.

Wenn du zu meinem Grabe
deine Schritte lenkst,
bring Wein und Laute mit,
damit ich zu der Spielmannsweise
tanzend mich erhebe

lautet eine Strophe eines Gedichtes, das auf dem Grabstein des Dichters Hafis (eigentlicher Name: Shams ad-Din Mohammad) eingraviert ist. Wahrlich – der Mann hat Humor. Hafis (um 1320 – 1389) hatte als Beamter ein kleines Einkommen und hatte trotz einiger Mäzene immer Geldsorgen.

Neben der Leichtigkeit seiner Verse und seiner Kunst, raffinierte Beziehungen zwischen den Worten herzustellen, fasziniert vor allem die Mehrdeutigkeit, der sich Hafis immer wieder als Stilmittel bedient. Da Hafis eng mit der Begriffswelt der islamischen Mystik vertraut war, wird seine Liebeslyrik meist im mystisch-allegorischen Sinn gedeutet. Wahrscheinlich ist beides zugleich gemeint: erotische Liebessehnsucht wie die geistig-mystische Gottessuche. Irdische und himmlische Liebe, Sinnlichkeit und Geist gehen ineinander über.

Seine rund 500 Gedichte wurden erst nach seinem Tod von seinen Schülern gesammelt und in einem Diwan (Sammelwerk) zusammen gefasst. In den folgenden Jahrhunderten erlangte sein Diwan eine Bedeutung, die kein anderes Werk der persischen Literatur erreichte. Fast alle Iraner kennen zahlreiche Verse von Hafis auswendig und viele glücklich und unglücklich Verliebte kommen zu seinem Grab nach Schiras, um dem Schutzpatron der Liebenden einen Besuch abzustatten.

Mit der Übersetzung ins Deutsche 1813 übte Hafis auch auf die deutsche Poesie einen großen Einfluss aus: Friedrich Rückert, August von Platen und Friedrich Nietzsche zählten zu seinen Verehrern.

Und noch einer, der folgende Verse in seinem "Westöstlichen Divan" schrieb: Johann Wolfgang von Goethe

Und mag die ganze Welt versinken, 
Hafis, mit dir, mit dir allein 
Will ich wetteifern! Lust und Pein 
Sei uns, den Zwillingen, gemein! . 
Wie du zu lieben und zu trinken, 
Das soll mein Stolz, mein Leben sein

Nachmittags haben wir freie Zeit, tummeln uns im Basar rum, trinken dort was, staunen über zwei junge Damen an der Wasserpfeife und schlendern noch etwas in der Stadt herum.

Am nächsten Tag besuchen wir das Saadi-Mausoleum.

"Der Morgenwind und die Erde von Schiras ist Feuer;
Wen dieses ergreift, der hat keine Ruhe mehr"

Der Dichter Saadi (eigentlicher Name: Shaikh Muslih al-Din Shirazi) ließ das Feuer seiner Geburtsstadt Schiras zeit seines Lebens (um 1193 – 1292) nicht mehr los. Während er die ersten 30 Jahre seines Lebens der Gelehrsamkeit widmete, bereiste er in den nächsten mehr als 30 Jahren einen Großteil der islamischen Welt vom Mittelmeer bis nach Indien. Die letzten Jahrzehnte verbrachte er zurückgezogen in Schiras.

Bei seinen Hauptwerken "Obstgarten" und "Rosengarten" handelt es sich um Sammlungen moralischer Geschichten, die in Vers oder Prosa verfasst sind. Seither gilt Saadi als unbestrittener Meister der Lehrdichtung.

Im 18. Jahrhundert begeisterte er Johann Gottfried Herder, der die persische Dichtung als "Tochter des Paradieses" bezeichnete und sie im Deutschen literaturfähig machte. Auch Johann Wolfgang von Goethe schätzte Saadi, und der Wiener Orientalist Joseph von Hammer-Purgstall urteilte zu Beginn des 19. Jahrhunderts: "Von allen großen persischen Dichtern ist keiner, dessen Moral tiefer im praktischen Leben eingewurzelt wäre als Saadis".

In Abarku machen wir Halt bei einer Zypresse, die über 4.000 Jahre auf dem Buckel haben soll und um die sich zahlreiche Legenden ranken. Eine davon lautet, dass sie von Zoroaster (Zarathustra) gepflanzt worden sein soll. Deshalb ist sie auch heute noch eine Pilgerstätte für die Zoroastrier. Die Zypresse ist im ganzen Land bekannt und wird gerne für einen Picknick-Aufenthalt benutzt (auch bei den Nicht-Zoroastriern).

… und hier mal ein paar Bilder von der Landschaft:

Yazd ist eine etwas abseits gelegene Wüstenstadt, die aber mitsamt ihrem Umland durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem gut mit Wasser versorgt ist und durch das System der Windtürme die Hitze in den Häusern erträglich macht: Durch die schmalen Öffnungen in der Spitze fangen sie jeden noch so leichten Luftzug ein und leiten ihn über einen Schacht in die unteren Wohnräume. Dort sorgen sie selbst in den heissesten Monaten für eine kühle Brise. Auch das in die Stadt geleitete Wasser in den überkuppelten Zisternen bleibt so frisch und kühl.

Auf Grund seiner isolierten Lage hatte sich Yazd nach der arabischen Eroberung zu einem Zentrum der im Iran verbliebenen Zoroastrier entwickelt. Heute leben die meisten Zoroastrier nicht in der Stadt selbst, sondern in den umliegenden Dörfern.

Außerhalb von Yazd befinden sich mehrere zoroastrische Bestattungstürme, die "Türme des Schweigens". Hier wurden die Leichname den Aas fressenden Vögeln überlassen. Wenn Geier und Krähen die Gebeine reingenagt hatten, wurden sie eingesammelt und in Knochenkisten beigesetzt.


Die rituelle Totenzeremonie wurde zu Füßen des Turmes im Kreis der Verwandten durchgeführt. Noch heute sind die Überreste der Gebäude für die Zeremonie unterhalb der Türme zu sehen, einschließlich der von zwei Windtürmen flankierten Zisterne.

1970 wurde dieser Ritus verboten. Eigentlicher Grund ist die Ausbreitung der Städte. Da so ein Geier gern mit einem Knochen in der Luft fliegt und auch mal fallen lässt, kommt es halt vor, dass eine Familie beim Essen im Innenhof so einen Knochen abkriegt und der Appetit ist vergangen. Deshalb das Verbot und seitdem werden die zoroastrischen Toten in der Erde beigesetzt – allerdings werden die Gräber mit Beton ausgesetzt, um jeden Kontakt der Toten mit der Erde zu vermeiden.

Seit dem islamischen Mittelalter bestanden enge Handelsbeziehungen nach Bombay, wohin die meisten iranischen Zoroastrier geflohen waren. Diese "Parsen" stifteten um 1900 einen Feuertempel.


Ohne Unterbrechung brennt im Tempel das heilige Feuer, welches als Symbol des Guten und des Lichts gilt. Das Betreten des Raumes ist nur den zoroastrischen Priestern gestattet. Bei der Pflege des ewigen Feuers, das nicht verlöschen darf, tragen sie einen Mundschutz, um das Feuer nicht zu verunreinigen.

Der Mir Tschaqmaq-Gebäudekomplex gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke und Sehenswürdigekiten der Stadt. Zwar ist der Gebäudekomplex nur noch als Eingangsportal des Basars bekannt, aber eigentlich handelt es sich um eine Art Tribüne für Trauerschauspiele in Erinnerung an Aschura (dem Martyrium Husseins), die auf dem Marktplatz davor stattfanden.

Der Gebäudekomplex ist nach Amir Dschalal al-Din Tschaqmaq, dem Gouverneur der Stadt im 15. Jahrhundert, benannt.

… und hier mal ein Bild von der Mittagspause:

Die Außenfassade des an beiden Seiten mit Nebenräumen versehenen Iwans, seine Innenwände und die des Kuppelraums, der Mihrab sowie die Innen und Außenseite der Kuppel sind über und über mit kleinteiligem Fliesenmosaik bedeckt. Florale Motive wechseln ab mit Inschriftenpaneelen und geometrischen Mustern.

Gleich in der Nähe der Freitagsmoschee ist das 700-jährige Grabmal eines hohen islamischen Geistlichen zu sehen.


Zum Schluss noch zwei Bilder aus unserem Hotel in Yazd.

An diese Szene kann ich mich nicht mehr erinnern. Wir sind auf jeden Fall auf der Fahrt Richtung Meybod und hier dürfte es sich um eine Moschee in der Nähe eines Rastplatzes handeln. Ich habe das Bild wg. der Zelte vor der Moschee mit aufgenommen.

In der Mitte der alten Karawanenstadt Meybod liegt eine Zitadelle, deren Ursprünge über 5.000 Jahre zurück liegen. Die heutige Anlage besteht aus mittelalterlichen Lehmbauten und wurde während des 14. Jahrhunderts gebaut.

Wir haben genügend Zeit, um die Zitadelle zu erkunden.

Es bleibt auch noch genügend Zeit für einen Aufenthalt in einem kleinen Park gegenüber der Zitadelle und in einem kleinen Laden Kleinigkeiten einzukaufen.

Die Freitagsmoschee in Nain ist eines der ältesten islamischen Bauwerke im Iran.

Die Säulen, Bogenläufe und vor allem der Mihrab besitzen noch bedeutende Teile ihrer originalen, außerordentlich reichen Stuckdekoration – die Verzierung mit glasierten Ziegeln oder Fliesenmosaik war im 10. Jahrhundert noch nicht üblich. Das aus dem Stuck geschnittene Rankenwerk aus Blättern, Trauben, Rosetten und Inschriften steht ganz in der Tradition von Samarra (10. Jahrhundert) und wurde 1973 restauriert. Eindrucksvoll ist auch die aus dem 14. Jahrhundert datierende geschnitzte Holzkanzel. Das überkuppelte Mihrabjoch ist mit blauen und goldenen Palmetten bemalt. Im Südosten der Anlage schließt sich ein achteckiges Minarett an, das sowohl ornamentale Ziegelmuster als auch ein Palmettenband aus Stuck aufweist.

Zu Isfahan gibt es einen eigenständigen Bericht. Siehe dort.

Zum Pilgerort wurde Ghom 816 durch Fatima Masumeh, die Tochter des 7. Imam und Schwester des 8. Imam Reza (nicht zu verwechseln mit Fatima, der Tochter des Propheten). Sie starb auf einer Reise hier in der Nähe und ihr Grab gilt als heilige Stätte.

Aber erst ab dem 16. Jahrhundert entwickelte sich Ghom zu einer blühenden Stadt und wurde schließlich im 20. Jahrhundert zum religiösen Zentrum des Iran, an dem auch der spätere Ayatollah Ruhollah Khomeini studierte und lehrte. Die etwa 60.000 Geistlichen, die hier monate- oder jahrelang studieren, tragen zum Lebensunterhalt bei, genauso wie über eine Million Pilger jährlich ein gewaltiger wirtschaftlicher Faktor sind.

Dass der Iran ein gespaltenes Land ist, merkt man so richtig gegen Ende der Reise. Das merkt man vor allem an der Kleidung der Frauen: Während es von Teheran bis Isfahan meistens recht "freizügig" zuging, wurde es in Yazd schon züchtiger und in Ghom ging es dann so richtig vermummt zu. Das waren die Gestalten, die das westliche Bild vom Iran prägten. Und nicht nur das westliche: Mir sagte vor kurzem eine immer züchtig gekleidete Araberin, dass sie mit Kopftuch und mehreren Schichten Kleidungsstücken selbst im Hochsommer immer noch deutlich freizügiger gekleidet sei als "die im Iran".

So richtig wohl gefühlt habe ich mich in Ghom nicht, zumal in die bedeutendste Sehenswürdigkeit, der Grabmoschee Fatimas, Nicht-Muslime keinen Zutritt haben. Anscheinend gibt es manchmal Ausnahmen, aber wir gehörten nicht dazu. Also nur ein kurzer Aufenthalt mit ein paar Außenaufnahmen.


Da wir schon in Ghom sind, besuchen wir einen schiitischen Geistlichen, dem wir unsere Fragen stellen können. Natürlich findet das Gespräch in einer angenehmen Atmosphäre statt und natürlich gibt es Differenzen, angefangen mit den Bekleidungs-Vorschriften und der Rolle der Frauen.

Dies ist auch schon das Ende der Iran-Reise. Das war nicht meine beste Reise, aber die interessanteste. Vor allem, da sich mein Bild von den Iranern in einigen Punkten komplett gedreht hat und ich einige Informationen bekam, die mir vorher völlig unbekannt waren, wie die Bevölkerungspolitik der iranischen Regierung.