Anbei der letzte Teil der Mallorca-Reihe und gleichzeitig der Höhepunkt. Trotz der grandios in den Sand gesetzten Kandidatur zur Europäischen Kulturhauptstadt 2016 bietet Palma recht viel an Kultur. Auch für denjenigen, der keine Museen oder Kirchen besuchen möchte.
Sollte mich jemand fragen, was man auf Mallorca unbedingt gesehen haben muss, dann ist es die Hauptstadt Palma und in dieser die Kathedrale.
1230 wurde Mallorca durch König Jaume von Aragon von den Arabern erobert und im gleichen Jahr wurde der Grundstein für die Errichtung der Kathedrale La Seu gelegt – an dem Platz, wo vorher die größte maurische Moschee auf der Insel stand. Die Kathedrale ist bis heute eines der größten (und schönsten) Bauwerke der europäischen Gotik.
"La Seu" heisst in der mallorquinischen Sprache "Das Licht". Man sollte möglichst bald nach Öffnung der Kathedrale um 10.00 Uhr kommen. Dann fällt nämlich das Licht der Sonne durch die farbenprächtige Rosette der Ostfront und sorgt für ein faszinierendes Farbenspiel im Kircheninneren. Auf Grund der Fensterfläche soll es sich um die weltweit größte gotische Rosette handeln.
1902 kam Antoni Gaudi nach Palma. Der Auftrag an den berühmten katalanischen Architekten lautete, den gotischen Stil der Kathedrale wieder herzustellen. Das Mittelschiff wurde auf den Rat Gaudis den Gläubigen vorbehalten. Er ließ den barocken Altar aus dem XVIII. Jahrhundert entfernen und legte den alten gotischen Altar frei. Doch als der geniale Künstler begann, seine Entwürfe für einen großen 7-eckigen Baldachin zu verwirklichen, ging das dem Domkapitel zu weit. Gaudi war den konservativen Kirchenmännern zu kreativ, weil er ihrer Meinung nach zu viele Jugendstilelemente in die gotische Kathedrale einbringen wollte. Er hatte eine prachtvolle Lichtgestaltung mit elektrischer Beleuchtung und farbigem Glas entworfen. Ein 7-eckiger Baldachin sollte den damaligen schmucklosen ersetzen, doch nur eine Seite des Baldachins wurde fertiggestellt. Als Leuchter über dem Hochaltar gibt es einen Eindruck von dem ursprünglichen Entwurf Antoni Gaudis.
2007 wurde die vom mallorquinischen Künstler Miguel Barceló neu gestaltete Kapelle des Heiligen Petrus eingeweiht, was zu wochenlangen Besucherschlangen führte. Das 16 m hohe Keramikfresko, das die wundersame Vermehrung von Brot und Fischen thematisiert, gilt als spektakulär und beliebt bei Kunstfreunden, die oftmals extra wegen dieser Kapelle nach Mallorca kommen.
Ich war 2x dort und beide Male standen fassungslose Besucher davor, die den Kopf schüttelten. Zugegebenermaßen ist das Ergebnis gewöhnungsbedürftig – da die Kritiker daran aber meistens solche Leute sind, die schimpfen, dass es in Kirchen immer gleich aussähe, ist es zumindest mal was anderes.
Ansonsten gibt es auch noch das eine oder andere interessante Detail zu sehen und virtuell begehen kann man die Kathedrale unter
http://catedraldemallorca.info/principal/images/catedral/media/alta.mov
(einfach die Maus ins Bild setzen und bewegen).
Sehr schön ist das Diözesan-Museum hinter der Kathedrale. "Diözesan-Museum" hört sich zwar langweilig an und man stellt sich die üblichen Monstranzen, Kelche und Gewänder vor. Aber weit gefehlt – hier gibt es sehr schöne und teilweise originelle sakrale Kunst der vergangenen Jahrhunderte zu sehen. Allerdings herrscht striktes Fotografier-Verbot.
Die spanische Königsfamilie verbringt ihren Sommerurlaub traditionell auf Mallorca. Zu repräsentativen Empfängen dient bei diesen Gelegenheiten der Palau de s'Almudaina, der auf arabische Ursprünge zurück geht.
Ansonsten dient er als Museum. Zum Glück, denn so können wir nach Herzenslust in den Räumlichkeiten herumstöbern.
Direkt hinter dem Königspalast befindet sich in einem restaurierten Palast mit dem Palau March ein interessantes Kunstmuseum.
Das Museum wurde gestiftet von Juan March (1880 – 1962), der Sohn eines Schweinehändlers war. Er wusste, wie er mit Menschen umgehen musste und machte Geschäfte mit allen und allem. Unter anderem durch Geschäfte in den beiden Weltkriegen, Schmuggel und Finanzierung der spanischen Faschisten unter Franco schaffte er es zu einem riesigen Vermögen. Angeblich zählt heute die Familie March zu den zehn reichsten Familien der Erde.
In den meisten Orten auf Mallorca gibt es zumindest eine Filiale der Banca March; über die Insel verstreut liegen Residenzen der Familie.
Sehr schön ist die Dachterrasse gegenüber den Zinnen des Königspalastes mit Skulpturen großer Meister wie Auguste Rodin und Henry Moore.
Hinter bisweilen unscheinbaren Fassaden verbergen sich oft viele Sehenswürdigkeiten, vor allem wunderschöne Innenhöfe. Palma zählt 57 als "Kulturerbe" registrierte sogenannte Patios.
Für diejenigen, die nähere Informationen haben möchten, habe ich einen link zu den Innenhöfen:
http://www.conselldemallorca.net/altramallorca/aleman/cap8/calta.htm
Neben der ein oder anderen Gartenanlage wie den Jardines de Alfabia im Westen Mallorcas, sind die Arabischen Bäder (Bany Arabs) das Spektakulärste, was aus der maurischen Zeit geblieben ist. Wobei – so spektakulär ist das jetzt auch wieder nicht, aber zusammen mit einem Besuch des dazu gehörigen kleinen Gartens und des Cafés lohnt sich der Besuch auf jeden Fall.
Vor der Franziskaner-Kirche steht die Statue des berühmtesten Sohnes der Insel: Junipero Serra, der einem Indianer-Kind den neuen Glauben beibringt. Serra war hier als Prediger und als Dozent an der Universität tätig, bevor er in die Neue Welt ging und vor allem Siedlungen im heutigen Kalifornien gründete.
In die Kirche gelangt man über den Eingang zum dazu gehörigen Kloster (mittags geschlossen) und dem sehenswerten Kreuzgang.
Das Kunstmuseum Fundacio March ist in einem restaurierten Stadtpalast untergebracht und bietet Werke moderner spanischer Kunst.
Die Fundacio March ist nicht zu verwechseln mit dem Palau March und bietet Kunst für den sparsamen Touristen: der Eintritt ist frei.
Trotz ihrer zentralen Lage wird die Kirche San Miguel in den meisten Reiseführern gar nicht erwähnt. Ich lasse mich davon nicht beeindrucken und erfreue mich dennoch daran.
Auch das Innere der Kirche ist ordentlich und gleich am Eingang geht der Michael seiner Hauptarbeit nach: der Erledigung des Drachen.
Nahe der Kirche Santa Eulalia befindet sich das alte Rathaus mit eindrucksvoller Front und einem knorrigen alten Olivenbaum davor.
Interessant sind auch mehrere Jugendstil-Bauten bzw. –Elemente im Zentrum. Hier ein paar davon.
Ganz besonders erfreue ich mich an der Skulptur eines meiner Lieblingsheiligen: Antonius der Große bzw. Antonius der Einsiedler. Aus einem eher unheiligen Grund: Sein Attribut ist das Schwein. Der arme Kerl selbst hatte mit Schweinen überhaupt nichts zu tun, aber die wenigen Male, die ich ihn mit dem Schwein dargestellt gesehen habe, waren immer ein Grund zur Freude für mich.
Ein Grund zur Freude ist für mich und für viele Tauben auch das Reiterstandbild von Jaume I. an der Placa Espanya.
Und es geht wieder zurück zum Ausgangspunkt der Stadtbesichtigung, nämlich Richtung Kathedrale. Bislang war alles bequem zu Fuß zu erreichen. Für die folgenden Einrichtungen empfiehlt sich ein Taxi.
In einer restaurierten Befestigungsanlage befindet sich das Museum für moderne Kunst Es Baluard, das in großen Räumlichkeiten Wechselausstellungen zeigt.
Besonders gut gefallen hat mir folgendes Kunstwerk, das sich vor dem Museum befindet:
Joan Miro (1893 – 1983) lebte von 1956 bis zu seinem Tod oberhalb von Palma, wo er als Maler, Grafiker, Bildhauer und Keramiker arbeitete. Er hat seinen eigenen Stil, so dass auch einem Nicht-Kunstkenner wie mir auf Mallorca ab und zu der Gedanke kam "das sieht so aus, als ob es von Miro wäre" – und es war auch immer von ihm.
Bilder von ihm werden gerne als Logos verwendet, so jene der Fußball-WM 1982 und des spanischen Fremdenverkehrsamtes. Das Logo zur Olympiade in Barcelona 1992 stammt zwar nicht von ihm, ist aber ihm nachempfunden.
Geballt sieht man einen Teil seiner Werke in der Fundacio Miro (seiner ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätte), vor allem Skulpturen. Anbei ein paar Fotos davon. Viel Spass dabei!
Gleich nach der Eroberung Palmas durch Jaume I. wurde der Bau der Burg begonnen und 1309 fertig gestellt. Bellver blieb nicht lange Sitz der Könige und diente unter anderem als Gefängnis.
Die Räume der zweigeschossigen Burg, die teilweise als Museum dienen, öffnen sich alle zum Innenhof, der von Säulengängen begrenzt ist.
Der Besuch der Burg lohnt sich schon alleine deshalb, weil man von hier oben einen wunderbaren Blick auf Palma hat. Und damit verabschieden wir uns von dieser häufig unterschätzten Stadt.